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Ein Bild
Die Sonnenfinsternis (Gero)

Donnerstag, 21. Juni

Heute ist es soweit. Da wir bereits in der Totalitätszone sind, lassen wir uns morgens Zeit und fahren entspannt weiter Richtung Norden. Die Piste bleibt ganz angenehm, mit einzelnen schwierigen Passagen. Unbewohnte, bewaldete Abschnitte wechseln sich mit Feldern und Dörfern ab, dort immer viele winkende Menschen am Straßenrand. Gut 10 Kilometer südlich des Wegs der maximalen Totalität halten wir an, klappen das Dachzelt zum Trocknen auf (in der Nacht hat es viel Kondenswasser gezogen, das heute morgen im Wald nicht abgetrocknet ist) und stellen Tisch und Stühle raus. Der Sekt liegt kalt, der Himmel ist wie in den letzten Tagen wolkenlos und nach Westen haben wir etwa fünf Kilometer Sicht in ein breites, abfallendes Flusstal, wo ich hoffe, den Kernschatten auf mich zukommen zu sehen. Ich nehme mir ein Buch und lese, werde aber alle paar Minuten von Leuten unterbrochen, die von den umliegenden Feldern kommen, nach Brillen für die Sonnenfinsternis fragen oder sonst etwas dazu erklärt haben möchten. Ich habe noch in Erinnerung, das ich im Internet gelesen habe, das die Totalität bald nach Mittag beginnt, daher erzähle ich allen, gegen 1130 ginge es los. Für die Kinder sind wir die Attraktion. Sie setzen sich an den Straßenrand und schauen uns beim Lesen zu. Meine Hoffnung, sie mit der Kamera zu vertreiben, als sie zu viel Lärm machen, ist vergebens. Sie empfinden das als besonderen Jux und führen richtige Freudentänze auf. Ab Mittag werde ich dann doch wieder nervös, eigentlich müsste langsam mal ein Schatten auf der Sonne zu sehen sein, die ist aber immer noch voll und rund. Unsere zweite Brille habe ich mittlerweile verschenkt, eine wird uns auch genügen, besonders da nichts passiert. Um 1300 werde ich dann ernstlich unruhig. Bis auf zwei Kinder wurde es allen langweilig und sie sind gegangen. Auf der Sonne liegt immer noch kein Schatten, sollte ich in der völlig falschen Gegend sein? Da dämmert mir langsam, dass die Zeiten im Internet ziemlich sicher in GMT angegeben waren. Dann müßte ab 1400 endlich was passieren. So ist es dann auch. Der Mond rückt langsam vor die Sonne. Allmählich kommen auch wieder mehr Leute aus dem Busch, die natürlich alle durch unsere Brillen schauen wollen. Das Stativ und die Kamera habe ich aufgebaut, den Sekt hole ich gegen 1445 aus der Kühlung. Unsere Brille bekomme ich nur noch selten in die Finger. Gegen 1500 ist es dann so weit. Wir können keinen abgegrenzten Schatten auf uns zukommen sehen, aber auf dem Boden ist Richtung Westen ein Flimmern zu sehen. Dann ist die Sonne weg, es bleibt aber erstaunlich hell, dafür wird es aber kühl. Der Anblick ist beeindruckend. Der Mond als schwarzer Punkt am Himmel, darum der Strahlenkranz der Korona und vereinzelte orange Punkte von den Protuberanzen direkt neben der Mondscheibe. Links unterhalb der Sonne ein hell leuchtender Stern. Ich mache schnell zwei Photos, öffne den Sekt und genieße dann das Schauspiel. Die Leute um uns herum sind alle aus Furcht in Deckung gegangen, dabei habe ich ihnen genau erklärt, was passiert und das keine Gefahr besteht. Sie hocken am Straßenrand, den Rücken zur Sonne, den Kopf unter den Armen versteckt. Nur drei Sambier bewundern mit uns das Naturschauspiel. Als es wieder hell wird, trauen sich alle aus der Deckung. Ich bin ganz euphorisch. Trotz aller Widrigkeiten habe wir es geschafft und eine tolle Sonnenfinsternis unter einem strahlend blauen Himmel gesehen. Jetzt verstehe ich, warum manche Leute danach süchtig werden. Wir plaudern noch einige Zeit mit den Einheimischen, schauen immer mal wieder, wie der Mond sich von der Sonne zurückzieht, trinken unseren Sekt und versichern den Leuten, dass es keine Medizin gegen die Auswirkungen der Sonnenfinsternis ist und ihnen auch nicht bekommen würde. Ich verschenke meinen alten, verdreckten Schlafsack mit Reinigungs- und Trocknungsanweisung, unsere letzte Brille und auch die leere Sektflasche findet einen Abnehmer. Der große Mittelpunkt ist Gero mit seiner Digitalkamera. Die Leute sind ganz begeistert davon, dass sie sich die Bilder, die er von ihnen macht, direkt auf dem Display anschauen können. Mittlerweile sind noch einige Leute aus den umliegenden Dörfern dazugekommen und alle sind glücklich, dass sie es überstanden haben. Wie alles geht auch dieser Tag zu Ende, wir packen zusammen und fahren wieder Richtung Süden. Im Wald schlagen wir das Dachzelt auf, Grillen und lassen den Tag nochmal Revue passieren. Es war ein großartiges Naturschauspiel in schöner Natur, verbracht mit reizenden Sambiern. Daran werde ich noch lange denken.